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Exhumierung eines Mannes zur Feststellung seiner Vaterschaft zulässig

Vater und KindExhumierung eines Mannes zur Feststellung seiner Vaterschaft zulässigDer Bundesgerichtshof hat am 29. Oktober 2014 entschieden (XII ZB 20/14), dass zur Feststellung der Vaterschaft und der dafür erforderlichen DNA-Untersuchung grundsätzlich auch die Exhumierung eines Verstorbenen angeordnet werden kann. Das postmortale Persönlichkeitsrecht tritt damit der einhergehenden Exhumierung des verstorbenen Erblassers regelmäßig hinter das Recht des Kindes auf Kenntnis der eigenen Abstammung zurück. Das Interesse an der Feststellung der Vaterschaft sei auch nicht deswegen geringer zu bewerten, weil die Tochter damit die Geltendmachung eines Erbanspruchs verfolgt.

Die Antragstellerin begehrt die Feststellung, dass der im Jahr 2011 verstorbene Erblasser ihr Vater sei. Sie behauptete, dass der Erblasser in der gesetzlichen Empfängniszeit Geschlechtsverkehr mit ihrer Mutter gehabt hätte. An ihrem 18. Geburtstag hätte ihre Mutter ihr offenbart, dass der Erblasser ihr Vater sei. Das Amtsgericht Dresden hatte ihren Antrag auf Exhumierung der Leiche zur Entnahme einer Gewebeprobe zur Feststellung der Vaterschaft zurückgewiesen. Auf ihre Beschwerde hin, hat das Oberlandesgericht Dresden die Exhumierung der Leiche zum Zwecke der Erstellung eines DNA-Abstammungsgutachtens angeordnet. Der eheliche Sohn des Erblassers hat der Einwilligung in die Exhumierung und Gewebeprobenentnahme widersprochen. Mittels Zwischenbeschluss hat das Oberlandesgericht Dresden diese Weigerung für unberechtigt erklärt. Hiergegen wendet sich der Sohn des Erblassers mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde an den Bundesgerichtshof. Diese blieb jedoch erfolglos.

Der BGH entschied, dass das postmortale Persönlichkeitsrecht des Verstorbenen im Falle einer für die Feststellung der Vaterschaft erforderlichen DNA-Untersuchung und einer damit einhergehenden Exhumierung regelmäßig hinter das Recht des Kindes auf Kenntnis der eigenen Abstammung zurücktritt. Nach Auffassung der Karlsruher Richter BGH ist der Antrag auf Feststellung der Vaterschaft zulässig, weil die Angaben der Antragstellerin ausreichende Anhaltspunkte für eine Vaterschaft des Erblasser enthalten, ihre Behauptung also nicht ins Blaue hinein erfolgt sei. Ferner sei die Exhumierung auch deshalb erforderlich, weil der leibliche Sohn des Erblassers sich geweigert hat, für eine Begutachtung eigenes DNA-Material zur Verfügung zu stellen. Damit hätte eine Exhumierung vermieden werden können.

Die Richter befanden, dass dem verfassungsrechtlich geschützten Recht des Kindes auf Kenntnis der eigenen Abstammung gegenüber der Totenruhe des Verstorbenen grundsätzlich der Vorrang einzuräumen sei. Sowohl nach der Europäischen Menschenrechtskonvention als auch nach dem Grundgesetz komme dem Recht des Kindes auf Kenntnis der eigenen Abstammung besondere Bedeutung zu. Sofern im Einzelfall durch die Untersuchung eine Verletzung des postmortalen Persönlichkeitsrechts des Verstorbenen drohe und damit das Recht des Kindes auf Kenntnis der eigenen Abstammung zurückzutreten habe, könne dem im Rahmen der Zumutbarkeitsprüfung des entsprechend anzuwendenden § 178 Abs. 1 FamFG hinreichend Rechnung getragen werden. Solche besonderen Gründe, die gegen eine Exhumierung und eine Begutachtung sprechen könnten, lagen im vorliegenden Fall nicht vor.

Dass die Antragstellerin schon seit längerem von einer möglichen Vaterschaft Kenntnis hatte, würde dem jetzigen Feststellungsinteresse nicht entgegenstehen. Auch sei ihr Interesse nicht geringer zu bewerten, weil sie jetzt auch erbrechtliche Ansprüche verfolge. Die Bundesrichter befanden, dass das Wissen um die eigene Herkunft von zentraler Bedeutung für das Verständnis und die Entfaltung der eigenen Individualität sei. Daran würde sich auch nichts ändern, wenn bei der Klärung der Abstammung auch erbrechtliche und finanzielle Interessen betroffen seien. Schließlich stelle die Berücksichtigung beim väterlichen Erbe ein legitimes Interesse dar.

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